Probleme lösen – was ist ein Problem? Warum sollten Sie in Problemklassen denken?
Ums Problemlösen in wenigen Schritten geht es hier, um Tipps, Lösungsmöglichkeiten und Methoden, Fehler zu beseitigen, konstruktive Schritte, um Blockaden zu lösen.
Denken Sie sich deshalb jetzt, was die Frage soll: Was ist ein Problem?
Warten Sie einen Moment, denn dies ist eine zentrale Frage.
Schon durch die Fragestellung und die Einordnung des Problems kann sich schnell eine Lösungsidee abzeichnen. Ohne viel Aufwand. Bei der Suche nach Erfolg auf dem Weg ans Ziel kommt es auf die Problemtypologie bzw. -klasse an.
Sie werden gleich verstehen, warum.
Alles der Reihe nach.
Erst einmal die sprachliche Klärung des Begriffes Problem
Das Wort Problem stammt vom altgriechischen πρόβλημα (problēma) ab. Übersetzen lässt es sich mit „das Vorgelegte“ zu proballein „vorwerfen, vorhalten“.
Wo kommen Phänomene vor, die Probleme genannt werden?
Im Alltag äußern sich Probleme z. B. in Form von Ressourcenknappheit, Umweltschäden, Pandemien, Kriegen, technischer Schwierigkeiten, Ärgernisse, ungelöster Aufgaben, Restriktionen, Mängel, Konflikte, Hindernisse, Flugverspätungen und verpasster Straßenbahnen.
All das und viel mehr wird ohne nähere Betrachtung unter der einen Kategorie Probleme abgehandelt.
Das ist falsch. Denn es gibt große Unterschiede in der Genese eines Problems (Entstehung) und – damit verbunden – mit den Kontextbedingungen.
Zwei Arten von Problemtyp bzw. Problemklasse
Es gibt zwei Arten von Problemtypen.
Nur zwei, denken Sie? Es gibt in der Welt doch so viele Beispiele für Fehler, Auseinandersetzungen, Frust, Suche nach Lösungen usw.
Ja, nur zwei. Und zwar unabhängig vom Thema.
Problem-Klasse 1: Probleme in Form planbarer wissenschaftlicher, mathematischer oder technischer Fragestellungen und Aufgaben
Beispiel: Ein Kunde hat ein technisches Problem, für das ein Unternehmen eine Lösung anbietet.
Oder: das Parkplatzproblem in einer Stadt.
Für diese Lösung solcher Probleme werden z. B. Ingenieure, Wissenschaftler oder Städteplaner aktiv.
Diese suchen eine Lösung für eine klar beschreibbare Aufgabe. In diesem Fall ist eine konstruktive, auch kreative Vorgehensweise wahrscheinlich. (Diesen Umstand merken wir uns für später.)
Es geht in diesem planbaren Problemlösungsprozess darum, zu analysieren, zu beobachten, kreativ zu sein, zu testen und ein Modell zu entwickeln, mit dem das Eingangsproblem gelöst ist im Sinne einer reproduzierbaren Strategie, eines Werkzeugs oder einer physischen Konstruktion.
Es steht je nach Aufgabenstellung und Dringlichkeit ein gewisses Budget an Zeit und auch Geld zur Verfügung.
Und: Mehrere Personen, Parteien, Auftraggeber usw. können das Problem benennen, eine Außenposition und Metaperspektive zur Aufgabe einnehmen.
Problem-Klasse 2: Probleme akuter und emotionaler Natur: Sorgen, Ängste, zwischenmenschliche Spannungen, Streit, bis hin zu Gewalt und Krieg
Beispiel: In einem Erbstreit kommt es zum Ausbruch seit Generationen überdauerter familiärer Spannungen.
In dieser Problemklasse werden andere Fachleute bestellt als beim planbaren wissenschaftlichen oder technischen Problemlösungsprozess: Juristen, Mediatoren oder Diplomaten sollen eine Problemlösung finden. Als Literatur zur Problemlösung dienen hier Gesetzestexte.
Bei zwischenmenschlichen Problemen und Konflikten haben die Menschen meist keine Zeit, keine Geduld und auch keine Lust, konstruktiv zu sein.
Das gilt für Familienprobleme, für Eheprobleme und im Arbeitsleben.
Wofür diese Unterscheidung in Problemklassen?
Wenn jemand ein Problem lösen will, muss er dessen Struktur erkennen können:
Habe ich wirklich ein Problem?
Oder habe ich eine idealisierte Vorstellung eines nicht erreichbaren Zustandes?
Habe ich ein persönliches Problem – oder ist meine Situation in der Interaktion mit anderen schwierig?
Hege ich Erwartungen, die mit dem Leben nicht vereinbar sind?
Habe ich zu wenig Geduld, die einzelnen Schritte zu gehen
Für die Einordnung einer Problemsituation und auch für Deeskalationen ist es entscheidend, die Problemklasse zu kennen. Somit können Sie je nach Problemklasse andere Fragen stellen – und Lösungen aussuchen:
Im Falle der konstuktiven Herangehensweise: Hat es für das technische Problem schon eine Lösung gegeben – wenn ja, wo lässt sie sich finden?
Oder: Wie kommen wir (als Konfliktpartner) aus der negativen Bewertung der Situation heraus und finden in einen konstruktiven Dialog? Benötigen wir externe Hilfe?
Warum stehen sich viele beim Problemlösen im Weg?
Viele Menschen sind vorschnell bei der Feststellung eines vermeintlich problematischen Zustandes. Das engt die Sicht ein und lässt produktive Strategien und Maßnahmen außer acht.
Ein Problem lösen zu können setzt voraus, dass ein lösbares Problem existiert. Und schon wird es problematisch.
Denn:
Wer sagt, was ein lösbares Problem ist und was nicht?
Was sind lösbare Probleme?
Lösbare Probleme zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf einem reproduzierbaren Weg so verändern lassen, dass sich eine andere, weniger problematische Situation ergibt.
Wenn sich für ein Problem keine Lösung finden lässt, liegt womöglich eine unlösbare Problemstellung vor.
Was ist die einfachste Definition von Problem?
Die einfachste Definition „Eine negativ bewertete Soll-Ist-Differenz.“ So habe ich das einmal in einem Seminar von Dr. Gunther Schmidt gehört.
Leuchtet ein.
Um ein Problem zu erzeugen, muss ich mich anstrengen. Auch diese Anleitung zur Konstruktion eines Problems kommt aus dem Milton-Erickson-Institut Heidelberg (MeiHei).
Anleitung zur Herstellung eines Problems
- Beschreiben Sie einen Ist-Zustand als möglichst negativ.
- Definieren Sie den möglichst perfekten Zustand einer Lösung.
- Unternehmen Sie erfolglose Lösungsversuche.
- Werten Sie sich dafür ab, dass Sie keine Lösung finden können.
Was ist kein Problem?
Jemand singt nachts laut – alle hören es.
Ist das ein Problem?
In diesem hier beschriebenen Fall nicht.
Was Sie bisher nicht wussten, weil es in der Beschreibung nicht enthalten war:
Der Sänger aus dieser Geschichte ist Opernsänger. Nachts um 21:50 singt er in der Oper laut. Das ist für das Publikum eine Freude. Problematisch wäre das Singen nur in einer hellhörigen Mietwohnung.
Probleme lösen – wie geht das?
Problematisch an nicht-wissenschaftlichen Aufgabenstellungen ist der Umstand, dass meistens ein Mangel beschrieben wird oder ein Nachteil. Die Formulierungen beschränken sich häufig auf das Beklagen eines Zustandes.
Steve de Shazer sagte: Problem-Talk leads to Problems. Es führt in eine Problemtrance, wenn wir im Klagemodus sind.
Probleme lassen sich zwar nicht dadurch lösen, dass wir nicht über sie sprechen, doch die Art des Redens bringt Veränderungen.
Eine zielführende Vorgehensweise verlangt einen konstruktiven Informationsverarbeitungsprozess.
Ein Problem zu lösen heißt, eine Lösung ins Gespräch zu bringen.
Menschen müssen verstehen, wofür sie etwas tun sollen.
Sie gehen den ersten Schritt, wenn der vor ihnen liegende Prozess zumindest wie der Teil einer Lösung aussieht.
Das ist übrigens auch bei Change-Prozessen der Fall.
In den Lösungsmodus kommen wir durch eine veränderte Kommunikation.
Erst ein konkretes Zielbild von einer Lösung zeigt: Kann es einen Weg an dieses Ziel geben?
- „Streit schlichten: so, dass wir uns endlich und für immer vertragen.“ Dies ist keine Lösungsidee, sondern die Vorprogrammierung des nächsten Problems.
- Umsätze um 300 Prozent steigern verbessern. Ohne das Unternehmen zu kennen: diese Aufgabenstellung könnte ein Problem herstellen, statt eines zu lösen.
- Krankenstand senken durch engmaschige Burnout-Prävention. Das ist ein erreichbares Ziel. Für dessen Erreichung können wir gut arbeiten.
- Zusammenarbeit im Unternehmen durch Leitungssupervision und Teamsupervision optimieren.
- Statt Angst, die mich überschwemmt, will ich meine Angst aus der Ferne betrachten – und dort lassen.
- Zweitbeste Lösung anstreben. Und mit Respekt und Wertschätzung das Sehnsuchtsziel würdigen, zusammen mit der eigenen Endlichkeit (Dr. Gunther Schmidt)
Problemlösung: Themen der Problemklasse 2 mit Strategien lösen, die zur Problemklasse 1 passen
Die Lösungsstrategien und Problemlösungen aus Problemklasse 1 (wissenschaftliche oder technische Probleme) unterscheiden sich von den typischen und oft wenig erfolgversprechenden Lösungsversuchen zu den emotional aufgeladenen, zwischenmenschlichen Problemen.
Fragestellungen aus wissenschaftlicher Sicht führen zu anderen Handlungsmaßnahmen.
Das heißt: Wenn Sie sich ein zwischenmenschliches Problem mit derselben sachlichen Distanz ansehen wie einen Defekt an einer Maschine, gelangen Sie zu einer anderen Einschätzung.
Auftragsklärung: wichtiger Teil der Lösung
Die Auftragsklärung ist Basis für gelingende systemische Beratung und Coaching. Sie ist wie ein Menü, aus dem die Klienten wählen können.
Gezielte Fragen wecken die Fähigkeit zu einer besonnenen Entscheidung.
Mit dem Prinzip der Auftragsklärung lässt sich übrigens noch ein weiteres Thema angehen. Wenn Sie als Problemlöser sehen, welches Bild von einem Ziel entsteht, sind andere Fragen und Antworten möglich.
Wie analysiert man ein Problem?
Gehen wir noch einmal zu dem Beispiel von weiter oben aus diesem Beitrag:
Eine Firma, die sich ein unerreichbar hohes Umsatzziel setzt, generiert damit keine Umsätze, sondern Probleme. Für ein unerreichbares Ziel gibt es keine Lösungsmöglichkeiten, sondern Lösungsversuche, die in der Regel scheitern werden. Weil das Zielbild nicht stimmt.
Und noch etwas stimmt oft nicht: die Frage nach „der Ursache.“
Eine eindeutige und einzige Ursache für die Entstehung eines Problems gibt es so gut wie nie.
Fast immer sind es mehrere Faktoren, die gegeneinander und miteinander negativ wirken:
Der Verstand „weiß“ es schon (Wissen macht dumm). Damit sind schon etliche Lösungsmöglichkeiten nicht mehr verfügbar.
Machen Sie sich Gedanken über die Art Ihres Problems
Zum Problemlösen braucht es ein klares Bild von möglichen Lösungen, konkrete Schritte und für alle Fälle auch eine zweitbeste Lösung.
Was werden wir als Lösungskonzept wählen, wenn zwar unsere Richtung stimmt und gute Ideen im Raum stehen, dies alles aber nicht mit dem Alltag und den Regeln des Lebens kompatibel ist?
Sehen Sie sich alle Details Ihrer bisherigen Ziele an. Welche Entscheidung hatte womöglich dazu geführt, dass wir ein Problem gesehen hatten statt einer Aufgabe?
Als Supervisoren unterstützen wir Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen bei der konstruktiven Beschreibung ihres Problems und mit Ideen, wie sie statt einer Flucht in Kreisläufe aus Lösungsversuchen die richtigen Schritte gehen, um Ihren Problemen zu begegnen – und zu Lösungen zu kommen.
Autor: Johannes Faupel
Systemischer Supervisor, Therapeut und Berater
Veröffentlicht: 01. Januar 2022
faupel@supervision-ffm.com
+49 69 48008889
Schnellübersicht Supervision – klicken Sie auf das Pluszeichen
Wie läuft eine Supervision ab?
Lesen Sie hier nach. Besuchen Sie die Seite, die Ihnen den Ablauf einer Supervision genau zeigt.
Was tun bei Streit im Unternehmen, im Team, in der Organisation?
Was sind typische Ziele in der Supervision?
Alle Antworten finden Sie hier auf der Unterseite über die Ziele von Supervision
Wie finden wir zu einer zielführenden Arbeitsweise?
Warum vor jeder Supervision Ziele zu vereinbaren sind: alles über die Auftragsklärung
Was ist Fallsupervision?
Zur Erklärung der fallbezogenen Supervision.
Was ist Teamsupervision?
Hier ist die ausführliche Beschreibung von Teamsupervision.
Was ist Leitungssupervision?
Angebote zur Supervision des Managements Unternehmen
Wann zur Einzelsupervision?
Hier finden Sie Anlässe und Nutzen von Einzelsupervision.
Welche Methodik in der Supervision?
Warum wir Systemische Supervision empfehlen.
Wie mit Konflikten umgehen?
Die Seite Konfliktmanagement erklärt alles zu Konflikten.
Supervision bei einem Arbeitsplatzwechsel
Unser Outplacement-Service hilft Unternehmen und Arbeitnehmern.
Die Zusammenarbeit von Teams verbessern
Unser Angebot zur Teamentwicklung finden Sie hier.
Wiedereingliederung nach Krankheit
Wir begleiten Wiedereingliederungspläne durch Einzel- und Teamsupervision.
Sie suchen ein Coaching?
Ausführliche Informationen über unsere Coaching-Angebote.
Sie wollten sich nur mal umsehen?
Bevor Sie gehen, fragen Sie sich z. B.: Wie wird heute Ihre Ich-Story?