Was ist Fallsupervision?
Fallsupervisionen als systemisches und themenzentriertes Beratungsformat dienen dazu, sich mit der Arbeitswirklichkeit der Supervisanden zu befassen. Eine Fallbesprechung im Team oder im Einzelsetting ist ein hervorragendes Arbeitsfeld, um die Interaktionen zwischen Klienten und Beratern zu beleuchten und zu optimieren.
Felderfahrung live: Felderfahrung ist ein sperriger Begriff. Dennoch symbolisiert dieses Wort, worum es in der Fallbesprechung tatsächlich geht. Um das Sammeln von Erfahrungen, um das Drehen und Wenden von Interventionen und Reaktionen durch die Klienten.
Am Objekt, am konkreten Fall besprechen die Teammitglieder (Supervisanden), was womöglich gut gelaufen ist, was nicht funktioniert hat, wo Optimierungsbedarf gesehen wird. Der systemische Supervisor betrachtet und thematisiert auch möglicherweise auftretende Zielkonflikte und Loyalitätskonflikte. Supervisanden und Supervisor sehen sich gemeinsam an, welche Ressourcen im Team – aber auch im besprochenen Supervisionsfall – vorhanden sind.
Fallrekonstruktion
Das Rekonstruieren von Fällen hat sich als praktische Methode bewährt. Wie in Zeitlupe können sich Supervisor und Supervisanden gemeinsam ansehen, welche Entwicklung ein Fall genommen hat, an welcher Stelle es eine Wendung gab bzw. wo Stagnation eintrat. um sich anzusehen. Fallrekonstruktionen sind zudem gute Gelegenheiten, sich in der Hypothesenbildung zu üben.
Jeder im Team hat eine eigene Sichtweise – ein Gewinn, kein Nachteil
Auch wenn in einem Team aus Sozialarbeitern oder Klinikpersonal grundsätzlicher Konsens gegeben ist, sind Unterschiede in den Herangehensweisen und Sichtweisen normal und gewinnbringend. Der Blick der Teilnehmer von außen auf ein Thema, einen Fall, bringt neue Lösungsideen oder auch Musterunterbrechungen ins Spiel.
Fallsupervision in bestehenden Teams
Wenn wir Fallsupervisionen in bestehenden Teams durchführen, sammeln die Supervisanden vor dem Supervisionstermin meistens Themen und Fälle, um diese in der Supervisionssitzung vorzustellen und zu diskutieren. Der Falleinbringer (Supervisand) trägt den Sachverhalt vor. In der Regel sind alle Klienten in der Supervision mit dem Fall bereits einigermaßen vertraut, weil dieser sich in der Abteilung oder im Team zugetragen hat oder gerade aktuell ist.
Fallbesprechung in Reflecting Teams
Fallsupervision ist auch mit einem Reflecting Team möglich. Die Supervisionsgruppe stellt sich als Co-Berater zur Verfügung.
Was ist ein Reflecting Team?
Ein Reflecting Team (reflektierendes Team) kann aus einander fremden Personen bestehen, die in einer größeren, oft auch überregional organisierten Supervisionsgruppe in einer Fallsupervision zusammenkommen. Der Falleinbringer stellt dem Supervisionsteam einen Fall aus seiner Arbeitsumgebung zur Fallberatung vor. Das Reflecting Team diskutiert seine Beobachtungen. Es gibt Rückmeldungen und diskutiert als Beratungsgruppe Lösungsvorschläge, die der Falleinbringer kommentieren und mit den Eindrücken aus seinem Team ergänzen kann. Entscheidend für ein gut arbeitendes Reflecting Team ist die Bereitschaft, verschiedene Positionen einzunehmen. In diesem Setting kommt es darauf an, die Schilderungen von Therapeuten und Beratern (Supervisanden) in einer wertschätzenden Weise aufzugreifen und reflektierenden Beobachtungen und Rückmeldungen Raum zu geben. Es handelt sich hier genau genommen um eine spezielle Form der kollegialen Intervision. Im Setting des Reflecting Teams kommt es häufig zu einer überraschenden Entwicklung, die zu Beginn der Fallbesprechung noch nicht für denkbar gehalten wurde.
Vorteile der Fallsupervision
Zu den großen Vorteilen der fallbezogenen Supervision zählt die Ähnlichkeit vieler Fälle. Das heißt nicht, dass es in Supervisionssitzungen langweilig würde – im Gegenteil. Das Lernen am Modell wird ermöglicht und gefördert.
Fallsupervision als Modell für andere
In Fallsupervisionen speziell im sozialen Umfeld, für beratende Berufe und Krankenhäuser, Kliniken und Akutstationen kommt es in manchen Fällen zu Übereinstimmungen. Es tauchen ähnlich gelagerte Fragestellungen auf, etwa:
- Wie gehe ich als Berater mit meinen eigenen Gefühlen um?
- Wo sind bei aller Kompetenz und Hilfsbereitschaft meine Grenzen?
- Wie kann ich auch den Angehörigen eines Patienten bestmögliche Unterstützung geben?
- Wie sieht dieser Fall aus, wenn ich ihn vom anderen Ende her denke, aus der Position der Klienten heraus sehe?
- Welche Anteile meiner persönlichen Lebensgeschichte stärken mich in meiner Arbeit?
- Wie bekomme ich Entlastung in Situationen der Überforderung? Entlastung ist ein häufig vorgetragenes Anliegen.
- In welchem Fall hatte ich / hatten andere bereits gut funktionierende Lösungsansätze?
Trittbrettfahrer in der Fallsupervision – ein Gewinn für alle
Trittbrettfahrer haben außerhalb der professionellen Beratung keinen guten Ruf. In der Supervisionssitzung jedoch sind sie erwünscht – bzw. es ist eines der zentralen Ziele, möglichst viele Trittbrettfahrer in der Sitzung zu haben.
Auch ohne als Falleinbringer aufzutreten, kann so der Fall eines Kollegen oder aus einem fremden Team (Reflecting Team) Lösungen für den eigenen Fall hervorbringen.
So erweitern mit jedem beispielhaft vorgetragenen Fall alle Anwesenden (die Supervisanden, aber auch der Supervisor bzw. die Supervisorin) ihren Horizont. Jeder diskutierte Lösungsvorschlag kann für alle Anwesenden ein Gewinn sein.
Fall-Supervision – häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zur Teamsupervision?
Fallsupervisionen unterscheidet sich von Teamsupervisionen in erster Linie durch die Supervisionsprozesse. Während in Teamsupervisionen auch Themen wie die Organisationsdynamik supervidiert werden (wie interagieren Teammitglieder untereinander und mit der Leitung), sind die Fallbesprechungen (Fallarbeit) eng an der Arbeitswirklichkeit orientiert. Also ein direkter Blick auf die Praxissituationen, in denen die Fälle bearbeitet werden.
Welche Klienten kommen zur Fallbesprechung?
Typischerweise finden Fallbesprechungen in Gruppensupervisionen statt, um die Gruppendynamik zur Entwicklung von Lösungskonzepten für den Fall zu nutzen. Es gibt aber auch andere Settings: Auch Einzelpersonen können Fälle supervidieren lassen, auch im Rahmen einer Leitungssupervision. Es kommen zudem immer wieder Klienten im Setting der Einzelsupervision in die Praxis, um in ein oder zwei Supervisionssitzungen ein Thema aus ihrem Leben zu klären, aus einer Metaperspektive zu betrachten.
Was heißt Fallrekonstruktion?
Fallrekonstruktion ist ein Begriff, der überwiegend in der sozialwissenschaftlichen Forschung zur Anwendung kommt. Doch die Fallrekonstruktion ist auch ein hervorragendes Mittel, um Problemdefinitionen zu verstehen und Lösungen zu entwickeln. In der Fallrekonstruktion kann – soweit hier ausreichend Informationen der beteiligten Personen vorhanden sind – viel über das Selbstverständnis des Beratungssystems herausgefunden werden. Auf der Basis welcher Auftragskonstruktion wurde ein Beratungs- oder Therapieauftrag angenommen? Mit welchen Ideen von Lösung, mit welcher Beratungskultur und welchen Interventionsmethoden wurde bislang vorgegangen? Welche Ergebnisse wurden sichtbar? Dies leitet zur nächsten Frage über, in der es um Unterschiedsbildung und Veränderung geht:
Wie entstehen Handlungsmöglichkeiten?
Handlungsmöglichkeiten entstehen für die Klienten (Supervisanden) in den Fallbesprechungen, weil mit dem Blick bzw. mit mehreren Blicken von außen neue Aspekte eines Falles sichtbar werden. Die Dynamik der Supervisionsgruppe überträgt sich auf die Supervisanden. Der Supervisor nimmt eher eine moderierende Rolle ein.
Wo gibt es Supervisionsgruppen für Psychotherapeuten?
Einmal vierteljährlich bietet das Supervisionszentrum Frankfurt Gruppensupervision für Psychotherapeuten. Da wir systemisch arbeiten, hat es sich als hilfreich erwiesen, dass wenigstens die Hälfte der teilnehmenden Supervisanden systemisch arbeitende Psychotherapeuten sind. Die Termine für die Psychotherapeuten-Gruppensupervision erfahren Sie auf Anfrage per E-Mail.