Reframing – wie Sie die Kunst der Umdeutung nutzen können
Reframing (wörtlich: Neurahmung, Umdeutung) beschreibt in der Psychologie einen bewussten Perspektivwechsel. Diese Kommunikationstechnik kann in vielen Situationen im Alltag angewandt werden. Oft kommt sie im systemischen Coaching zum Einsatz. Sie geht auf Milton H. Erickson, den Begründer der modernen Hypnotherapie, zurück.
Die Wirkung setzt meist verblüffend schnell und intensiv ein.
Durch Reframings geben Sie Situationen einen neuen Rahmen
Lebenssituationen sind vom jeweiligen Zusammenhang abhängig. Auch Bedeutung wird immer in einem bestimmten Rahmen verliehen.
Was ich erlebe, das erlebe ich in Verbindung und Verbundenheit mit meinen Wahrnehmungen und meiner situationsbezogenen Erwartungshaltung.
- Ändere ich die Erwartung, so ändert sich das Erlebte.
- Wenn ich die Beschreibung ändere, bekomme ich ein anderes Ergebnis – und Erlebnis.
Framing und Reframing beginnen auf semantischer Ebene: Die Bedeutung eines Wortes entsteht in der Verbindung zu den Wörtern und Bildern, in denen es steht. Wird das Wort „Bank“ in einem Text von Begriffen aus dem Finanzwesen umgeben, erhält es eine andere Bedeutungszuschreibung als bei einem Themenbezug zu Natur, Sitzen und Aussicht.
Reframing im Coaching: Wörter, Bilder, Gefühle
- Die entscheidende Wirkung eines Ereignisses entsteht auf der Basis von Bildern.
- Was sehe ich vor meinem inneren Auge, wenn ich an diese Person denke?
- Welche Szene erlebe ich, wenn ich mir jene Situation vorstelle?
- Es stellt sich also immer die Frage, was ich in den Fokus der Aufmerksamkeit stelle.
Reframing ist eine wirksame Technik, die jeder Mensch nutzen kann
Der Einsatz der Methode der Reframings ist denkbar einfach.
Stellen Sie sich eine Alltagssituation vor. Sie sitzen beim Essen und fühlen sich eher gelangweilt. Mit einem Mal taucht der Gedanke auf: Was für ein Glück, dass ich zu essen habe. In diesem Moment entsteht ein neuer Rahmen für das vermeintlich Alltägliche. Mit einem Mal sind Sie dankbar.
Oder nehmen wir eine Situation, die Sie bisher mit Genervtsein verbunden haben:
Ein Kollege redet stets so viel, dass Sie kaum zu Wort kommen. Reframing wäre hier: Sie sagen sich, dass der Mensch offenbar ein großes Mitteilungsbedürfnis und viel zu sagen hat.
Jetzt das Reframing: Sie verändern die Situation, indem Sie sich in der nächsten Mittagspause aufrichtig für den Menschen interessieren. Künftig können Sie ihn im Rahmen des Umdeutens als einen anregenden Gesprächspartner „framen“, der Ihr Leben bereichern kann.
Was geschieht beim Reframing?
Beim Reframing kommt es zu einem bewussten Wechsel der Perspektive. Doch das ist nicht alles.
- Während ich eine Situation eben noch als negativ gerahmt habe, gebe ich ihr durch neue Attribute und „Nachbarn in meiner Vorstellung“ einen anderen Rahmen.
- Dieser Rahmen setzt sich aus anderen Netzwerken im Gehirn zusammen.
- Durch die Veränderung des Rahmens aktiviert sich auch ein anderes Erleben.
- Und so wird alles anders: alles, was mit der ursprünglichen Kombination aus Thema und Rahmen in Verbindung steht.
Reframing – Liste mit Beispielen
Hier habe ich Ihnen für das Reframing Beispiele zusammengestellt. Perspektiven lassen sich verändern wie die Standpunkte, auf denen wir gerade stehen.
Negative Beschreibung: „Ich bin völlig überarbeitet und habe nie Zeit für Erholung.“
Neu gerahmt (re-framed) „Meine Auftragslage ist exzellent. Ich nehme einen freien Mitarbeiter dazu.“
Negative Beschreibung: „Ich mache mir viel zu viele Gedanken.“
Reframing: „Ich bin ein gewissenhafter Mensch, will sicher sein, dass alles in Ordnung ist.“
Negative Beschreibung: „Ich mache mir viel zu viele Gedanken.“
Reframing: „Ich bin ein gewissenhafter Mensch, will sicher sein, dass alles in Ordnung ist.“
Negative Beschreibung: „Ich kann nachts nicht einschlafen.“
Reframing: „Mein Gehirn ist mit kreativer Problemlösung beschäftigt. Ich gehe der Sache tagsüber in Ruhe nach.“
Negative Beschreibung: Dieses Kind raubt mir die Nerven.
Umstrukturierung: Dieses Kind ist sehr aktiv und steckt voller Energie.
Wann ist Reframing sinnvoll?
Reframing eignet sich für alles, was der Mensch verändern will. Framing findet ohnehin pausenlos statt:
Wenn ich jemand nach einiger Zeit wiedersehe, steht er im Bezug zu den letzten Begegnungen. Gab es nun bei einem der letzten Treffen eine weniger erfreuliche Stimmung, taucht die Person im Rahmen einer entsprechenden Vorprägung wieder auf. Wie werde ich mich fühlen? Wie ungezwungen kann ich sein, wenn ich von einer angespannten Situation von damals auf jetzt schließe?
Mit der Neurahmung dieser Person kann ich bewusst für eine gute neue Begegnung sorgen.
Es eignen sich also alle Alltagsthemen, die sich gefühlt eher an der Oberfläche bewegen, z. B. „Wie reagiere ich auf diesen Kollegen?“
Und nicht nur diese.
Aber ist das dann auch echt?
Mancher fragt sich, ob es Realitätsverweigerung ist, wenn man sich mit Kontext-Reframing beschäftigt. Man würde sich damit doch etwas schönreden. Ein negativer Inhalt würde doch immer negativ bleiben. Und genau das lässt sich widerlegen.
Reframing ist die bewusste Anwendung dessen, was sonst unbewusst in Ihnen abläuft.
Neurahmung am Beispiel eines Vorurteils
Ein Vorurteil ist das Ergebnis von Framing. Ob Person, Produkt oder Weltanschauung: Immer ist es eine Rahmenbedingung, unter der wir eine schnelle Meinung entwickeln und dann auch verteidigen.
Vorurteile verbreiten sich unter anderem deshalb so schnell, weil sie einen schmalen und scharfen Rahmen haben.
„Produkte dieses Unternehmens sind überteuert. Sie kosten rund 45 Prozent mehr als alle anderen.“
Das kann man schnell weitererzählen.
Das Reframing des Vorurteils funktioniert dadurch, dass wir den Rahmen verbreitern, in dem die Tatsache sich befindet.
Jetzt das Reframing: „Produkte dieses Unternehmens haben die höchsten Verkaufspreise auf dem gesamten Markt. Das liegt daran, dass nur dieses Unternehmen eine weltweite Verfügbarkeitsgarantie mit 24-Stunden-Service anbietet.“ Dieser Rahmen ist breiter (der Text ist länger) als der Rahmen, der sich nur auf den Preis ohne Nennung der einzigartigen Leistung bezieht. Je breiter der Rahmen, desto differenzierter kann er sein.
Ähnlich können wir mit allen vorgefassten Meinungen und verkürzten Beschreibungen verfahren.
„Now I must give up all my preconceptions.“
Kurt Goldstein, US-amerikanischer Neurologe und Psychiater
Zusammenfassung Reframing
Reframing ermöglicht es, eine Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, um eine positivere oder produktivere Sichtweise zu finden. Alles im Leben hängt von der Umgebung ab, in der es stattfindet. Reframing ermöglicht es uns, einen neuen Kontext für Gedanken und Handlungen zu schaffen.
Therapeuten wie Virginia Satir, Gregory Bateson und Milton H. Erickson haben das Reframing intensiv angewandt. Es kommt heute in der Therapie zum Einsatz, in der Supervision und im Coaching.
Wollen Sie Reframing professionell auf eines Ihrer Themen anwenden?
Wollen Sie den Effekt des Reframings für eine Situation aus Ihrem Alltag erleben?
Kontaktieren Sie uns. Wir sehen uns im Rahmen von Coaching und Supervision an, welche Dinge, Personen oder Szenen Sie künftig anders einrahmen könnten – und wie das wirken wird.